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Aus für kostenlose Verhütungsmittel

Kreis Steinburg kürzt Gelder

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Kreis Steinburg (anz) – Eine Hormonspirale für 350 Euro – für immer mehr Menschen unerschwinglich. Bisher konnten sich Geringverdiener bei pro familia Itzehoe die Kosten für Verhütungsmittel erstatten lassen. Diese Gelder hat der Kreis jetzt gestrichen.

Wer sich im Kreis Steinburg keine Verhütungsmittel leisten kann, ist in Zukunft auf sich allein gestellt. Fünf Jahre lang hatte der Kreis Gelder für die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln zur Verfügung gestellt – damit ist jetzt Schluss. Einen entsprechenden Folgeantrag der Beratungsstelle pro familia Itzehoe lehnte die Förderstiftung Kreis Steinburg am Donnerstag überraschend ab.

„Was sollen wir den Menschen sagen, die uns anrufen und wie gewohnt ihr Folgerezept für die Pille einlösen wollen oder ihre Kostenübernahme für eine lange geplante Spirale oder Sterilisation bei uns beantragen wollen?“, fragt Tanja Corleis, Leiterin von pro familia Itzehoe. Bei der Beratungsstelle konnten sich Geringverdiener und Bezieher von staatlichen Leistungen wie dem Bürgergeld bisher die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel erstatten lassen. Dazu zählen zum Beispiel die Pille, die Spirale, eine Sterilisation oder Vasektomie. Die Nachfrage war über die Jahre kontinuierlich gestiegen – allein zwischen 2021 und 2022 um 45 Prozent. Das Angebot wurde vor allem von Eltern genutzt. Fast 80 Prozent der Antragsteller hatten bereits Kinder und wollten zu dem Zeitpunkt keine weiteren.

Dass die Gelder gerade jetzt nicht weiter bewilligt werden, ist laut Magdalena Thams „ein harter Schlag für Geringverdiener.“ Thams ist Fachreferentin für Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz beim Landesverband pro familia Schleswig-Holstein. „Ein Zugang zu kostenfreien Verhütungsmitteln ist ein elementarer Bestandteil in der Verhinderung von ungewollten Schwangerschaften“, sagt sie. „Niemand, der Sozialhilfe empfängt oder ein geringes Einkommen hat, kann sich mal eben so eine Spirale für 350 Euro leisten.“ Die Lage hätte sich durch die gegenwärtige Inflation noch einmal verschärft.

Frauen treffe das besonders hart, ist Dagmar Steffensen überzeugt. Sie ist stellvertretende Geschäfts-führerin von pro familia Schleswig-Holstein. Das Ende der Kostenübernahme von Verhütungsmitteln ist für sie „ein Rückschritt für die Gleichstellung der Geschlechter“. Die Leidtragenden der Entscheidung seien, wie so oft, die Frauen. Die allermeisten Verhütungsmittel sind für sie konzipiert.

Dementsprechend waren es fast ausschließlich Frauen, die in den vergangenen Jahren einen Antrag auf Kostenübernahme im Kreis Steinburg stellten. „Dass wir als Gesellschaft die Verantwortung für die Verhütung den Frauen aufbürden, ist ungerecht genug. Jetzt sollen sie auch noch dafür zahlen – selbst wenn sie finanziell gar nicht dazu in der Lage sind“, sagt Steffensen.

Tanja Corleis weiß, dass die Kommunen finanziell unter Druck stehen. Dennoch findet sie: „Hier wird am falschen Ende gespart. Es geht um Mittel, die helfen, langfristige Folgekosten ungewollter Schwangerschaften und individueller Problemlagen zu vermeiden.“

Der Zugang zu Verhütung ist ein Menschenrecht. Bis 2004 war die Übernahme der Kosten im Sozialge-setzbuch geregelt. Durch das „Gesundheitsmodernisierungsgesetz“ fiel der kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln auf Bundesebene weg und viele Städte und Landkreise in Schleswig-Holstein sprangen ein. Die Ampel-Regierung hat im Koalitionsvertrag wieder eine einheitliche Regelung angekündigt – passiert ist bisher nichts.

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