Brokstedt (ots/anz) – Im Regionalzug von Kiel nach Hamburg sind am gestrigen Mittwoch, 25. Januar, im Bahnhof in Brokstedt bei einer Messerattacke zwei Menschen getötet und mehrere Menschen verletzt worden. Nach dem derzeitigen Stand wurden drei von ihnen schwer verletzt, weitere vier erlitten leichte Verletzungen. Derzeit sind noch drei Personen im Krankenhaus (Stand Donnerstag). Mittlerweile stehen die Identitäten der getöteten Personen fest. Bei ihnen handelt es sich um eine 17-jährige Jugendliche und ihren 19-jährigen Bekannten. Beide besuchten die Walther-Lehmkuhl-Schule in Neumünster.
Tatverdächtiger konnte festgenommen werden
Nach Angaben der Polizeidirektion Itzehoe griff der Mann gegen 14:55 Uhr in der Regionalbahn Fahrgäste mit einer Stichwaffe an. Zeugen gelang es unmittelbar nach der Tat, den Tatverdächtigen bis zum Eintreffen der Polizei am Bahnhof in Brokstedt festzuhalten. Der Tatverdächtige konnte von der Polizei am Bahnhof festgenommen werden. Es handelt sich um den 33 Jahre alten staatenlosen Palästinenser Ibrahim A. Der Mann kam mit leichten Verletzungen ins FEK nach Neumünster, um dort behandelt zu werden. Der Beschuldigte befand sich bei Redaktionsschluss am Donnerstag nicht mehr in ärztlicher Behandlung, sondern im Gewahrsam der Polizei. Am Nachmittag sollte er auf Antrag der Staatsanwaltschaft Itzehoe vor dem Amtsgericht Itzehoe dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Hintergründe der Tat waren bis Redaktionsschluss weiterhin unklar.
Gegenüber der Polizei habe der Täter bei der Festnahme keinen Widerstand geleistet, so Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack. Nach ersten Anhörungen von bislang 24 Zeugen sei der Täter im Zug überwältigt worden. Wie ihm die Verletzungen zugeführt worden sind, sei noch unklar. Der Zug sei dann gesichert worden. In vier Waggons wurden Blutspuren gefunden.
Der 33-Jährige befand sich bis vor Kurzem aufgrund eines Körperverletzungsdeliktes in einer Hamburger Justizvollzugsanstalt. „In Schleswig-Holstein gibt es zu ihm keine polizeiliche Kriminalakte. Die schleswig-holsteinische Polizei hat zu ihm jedoch zwei Einsatzberichte, einen wegen einer Streitigkeit, einen wegen Ladendiebstahls“, so Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack in einer Pressemitteilung. Er sei 2014 eingereist, seit 2015 in NRW und Hamburg mehrfach straffällig geworden, unter anderem wegen Gewaltdelikten. Zudem sei bekannt, dass er zuletzt am 19. Januar aus einer Haft in Zusammenhang mit einer gefährlichen Körperverletzung in Billwerder entlassen wurde. Die Verfahren sind in Hamburg geführt worden.
Die Ermittlungen der Itzehoer Kripo in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft laufen auf Hochtouren. „Wir ermitteln derzeit noch in alle Richtungen“, so Astrid Heydorn, Pressesprecherin der Polizeidirektion in Itzehoe. Am Donnerstag fanden weitere Vernehmungen von Zeugen statt, die Spurensicherung am Tatort wurde ebenfalls fortgesetzt. Da sich in dem Zug, in dem sich die Tat ereignete, keinerlei Videoüberwachung befand, bitten die Ermittler Zuginsassen, die noch nicht mit der Polizei gesprochen haben, sich unter der Telefonnummer 04821 602 2002 zu melden. Unter der angegebenen Nummer ist zudem das Bürgertelefon erreichbar.
Der Bahnhof in Brokstedt und die Bahnstrecke zwischen Wrist und Neumünster wurden wegen der Ermittlungsarbeiten der Polizei gesperrt. Reisende zwischen Hamburg, Kiel und Flensburg wurden gebeten, weiträumig auszuweichen. Brokstedts Bürgermeister Clemens Preine machte sich selbstverständlich gleich ein Bild von der Situation vor Ort. „Blaulicht überall, Hubschrauber, Polizei, Rettungsdienste ... Dieses Bild vergisst man nicht“, zeigte er sich tief betroffen und fühlt mit den Opfern. „Unsere Gemeinde ist geschockt und erschüttert. Aber auch mutig und zusammenstehend, um die Situation zu verkraften“, sagte er.
Gemeine Brokstedt ist geschockt und erschüttert
Steinburgs Landrat Claudius Teske ist tief erschüttert über den grausamen Messerangriff. „Wenn etwas so Unfassbares in unmittelbarer Nähe geschieht, geht das mitten ins Herz“, so Teske. „Ich fühle mich gerade so direkt betroffen und bin fassungslos.“
Schleswig-
Holstein trauert
„Dass in so einer Situation Mitreisende couragiert und beherzt eingegriffen und noch Schlimmeres verhindert haben, verdient absolute Hochachtung und Respekt. Das gilt auch für die Ersthelfer, die ihre eigenen Emotionen zurückstecken mussten, um die so notwendige Unterstützung zu leisten. Ihnen allen sage ich von Herzen danke.“
„Schleswig-Holstein trauert“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther. „Es ist ein furchtbarer Tag, es ist ganz schrecklich, was dort passiert ist. Ich denke an alle, die dort vor Ort sind, die um Menschen trauern und um Menschen bangen, die verletzt sind.“
Auch Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack zeigte sich zutiefst betroffen: „Die Tat im Regionalzug zwischen Kiel und Hamburg erschüttert mich tief. Ich bin in Gedanken bei den Familien und Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünsche ich baldige Genesung. Ich danke den Polizeibeamten, die den Täter festgenommen haben, sowie allen Rettungskräften, die die Verletzten versorgt haben. Die Bundespolizei und die Landespolizei arbeiten bei der Aufklärung eng zusammen. Für mich steht fest, dass sich die entsetzliche Tat gegen jede Menschlichkeit richtet.“
„Diese schreckliche und sinnlose Tat gegen so junge Menschen macht mich fassungslos und traurig. Meine Gedanken sind bei den Opfern, den Verletzten und besonders bei den Familien, Freunden und Mitschülern der beiden getöteten Jugendlichen. Ihnen gilt mein ganzes Mitgefühl. Freunde und Mitschüler brauchen jetzt sofort besondere Unterstützung, um das Geschehene zu verarbeiten. Wir stehen in engem Kontakt mit den betroffenen Schulleitungen. Diese können auf ein erprobtes und bewährtes System für Krisenfälle zurückgreifen. Dazu gehören auch die Schulpsychologen vor Ort, die das Geschehen mit den Schülern aufarbeiten, und die Klassenlehrkräfte, die in dieser für alle schweren Situation unterstützen“, so Bildungsministerin Karin Prien.
Innenstaatssekretärin Magdalena Finke hatte zum Gedenken an die Opfer der Messerattacke für Donnerstag Halbmastbeflaggung der Dienstgebäude aller Behörden und Dienststellen des Landes angeordnet.
Schleswig-Holsteins Justizministerin Kerstin von der Decken weist auf Angebote für betroffene Opfer hin: „Wir haben ein Hilfetelefon für die Betroffenen der Messerattacke in der Regionalbahn bei Brokstedt eingerichtet. Ich bin absolut schockiert über die Ereignisse in Brokstedt. Mein tiefes Mitgefühl gilt den Opfern und deren Angehörigen.“ Hinweise zum Hilfetelefon finden man unter: www.schleswig-holstein.de – Opferschutzbeauftragte und zentrale Anlaufstelle.
Am Donnerstagnachmittag traf dann Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Unglücksort ein, um sich persönlich ein Bild von der Lage zu machen, Beistand zu leisten und dem Land zur Seite zu stehen. Mit Ministerpräsident Daniel Günther und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack legte sie Blumen im Bahnhofs-Wartehäuschen für die Opfer ab – an der Stelle, an der bereits viele Bürger Kerzen aufgestellt und Blumen abgelegt hatten. Begleitet wurde Faeser unter anderem von Brokstedts Bürgermeister Clemens Preine, Landrat Claudius Teske, Frank Matthiesen, Leiter der Itzehoer Polizeidirektion sowie Vertretern der Bundepolizeidirektion Bad Bramstedt. In den „Bürgerstuben“ fand dann ein Gespräch mit den Einsatzkräften von Bundespolizei, Landespolizei, Vertretern von Hilfsorganisationen und Seelsorgekräften statt. Ihnen allen und den Bürgern, die spontan geholfen haben, dankte die Bundesinnenministerin in besonderem Maße. „Wie konnte diese Tat passieren? Wie konnte es dazu kommen, dass der Tatverdächtige trotz so vieler Vorstrafen so früh aus der Haft entlassen wurde?“, fragte sie. „Wir sind alle miteinander im Austauch“, so Faeser. Denn die Tat müsse möglichst schnell aufgeklärt werden.
Für den 21-jährigen Elmshorner Baran Tat, der früher in Brokstedt gewohnt hat, war der gestrige Mittwoch ein "sehr schwarzer Tag". Er trauert tief um den Verstorbenen. "So etwas habe ich in meinem Leben bisher noch nicht erlebt", sagt er tief betroffen. Er kennt den 19-Jährigen, der bei der Messerattacke ums Leben gekommen ist, von früher. "Ich bin mit ihm zur Schule gegangen. Wir waren befreundet. Er war ein sehr guter Mensch. Er hat es nicht verdient zu sterben."
Bluttat in der Bahn
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